Heike Wilhelm Bildungscamp Christes e. V.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kultusminister, sehr geehrter Herr Bürgermeister,

mit diesem Beitrag möchten wir Sie im Namen des Bildungscamp Christes e.V. recht herzlich zu unserer 1. Regionalen Fachtagung zur Begabungsförderung in Thüringen begrüßen.

Stellvertretend für 3200 Kinder aus Thüringen, die seit 1998 in 85 Camps zur Begabungsförderung gemeinsam gelernt, diskutiert und gespielt haben, stehen diese 4 Kinder die aus den entlegensten Winkeln Thüringens heute hier angereist sind. Sie haben sich erst vor knapp 2 Wochen in Christes kennen gelernt. Ihre Musik verdeutlicht wie gleichbefähigte Kinder mit ähnlichen Interessen voller Motivation an einem gemeinsamen Thema, hier Barock-Kunst und Musik arbeiten und zu welchen tollen Ergebnissen sie schon nach 5 Tagen gelangen können. Vielen, vielen Dank an euch!!

Während aber in den Bereichen Sport und Musik über den Sinn und die Notwendigkeit einer individuellen Förderung im Vorfeld schon lange nicht mehr diskutiert werden muss, so ist es doch in den intellektuellen Bereichen noch lange keine Selbstverständlichkeit. So ist das schnellere oder tiefgründigere Beschäftigen mit Unterrichtsthemen keine grundsätzliche Art der Förderung. Auch wenn man diese Harmonie im mathematischen, sprachlichen oder naturwissenschaftlichen Bereichen akustisch nicht darstellen kann ,so spiegelt sich auch dort der Gleichklang einer Gruppe gleichbefähigter Kinder in herausfordernden Unterrichtssituationen wider.

Die unterschiedlichen Erfahrungen von 3200 Kindern, die aus weit über 500 verschiedenen Schulen Thüringens zu uns kamen, die ältesten haben gerade das Abitur abgelegt, die jüngsten sind erst 6 Jahre alt, haben uns dazu bewegt den Austausch mit allen in der Begabungsförderung Tätigen und Interessierten zu suchen. Gut ist es, dass es in Thüringen viele engagierte Menschen in Schulen,
Schulämtern, Kultusministerium, aber auch außerhalb gibt, denn sie haben die math.nat, Spezialschulzweige, Musikschulen und Sportschulen erhalten und weiterentwickelt, die Wettbewerbe unterstützt, weitergeführt und ausgebaut, AG`s entwickelt und geleitet, Stunden zur Begabungsförderung organisiert oder Schülerakademien und Camps durchgeführt.
Auch die, in den 90iger Jahren entwickelte Reformpädagogik in Thüringen hat einen enormen Beitrag zur Entwicklung der Begabungsförderung geleistet und neue Türen geöffnet. Nun sollte darüber aber auch ein Austausch erfolgen, damit jeder für sich erkennt was eigentlich doch noch möglich wäre.

Trotz der vielen guten Möglichkeiten der Begabungsförderung, die Thüringen bietet, stellt der organisatorische und finanzielle Rahmen zur Umsetzung unserer gemeinsamen Ziele ein Problem dar. So können die meisten Lehrkräfte schon bei unseren jüngsten nicht mehr ständige Ansprechpartner der Kinder sein, da sie mit 65 % Arbeitszeit, Umherfahren in unterschiedlichen Schulteilen kaum von ihren Schülern gesehen werden.
Vielleicht sollten es die verantwortlichen Politiker selbst einfach mal mit 65% oder 70% probieren.

In Erfahrungsberichten der Jugendlichen und ihrer Eltern, die heute und hier im Schulleben stehen, schreibt eine Mutter“ Zuerst werden die Schulen geschlossen, die den meisten Strom pro Schüler und m² verbrauchen. Damit fällt unsere Nachmittags und Samstagsförderung ganz schnell wieder weg. Eine Schülerin schreibt, da die vorhanden guten Lehrer ihre Floatingzeit nicht überschreiten dürfen haben wir im Fremdsprachenunterricht einen Lehrer bekommen, der wahrscheinlich schon durch alle Schulen Thüringens gereicht wurde. Die entstandenen Defizite konnte ich bis zu meinem Abitur nie wieder ausgleichen.

Heute soll es uns vorrangig um inhaltliche Arbeit gehen. Wie kann ich einem jungen, wissensdurstigen, begabten Kind am besten gerecht werden. Aber ich hoffe die Politiker nehmen uns ernst und fühlen sich ebenfalls angesprochen, den für die äußeren Bedingungen stehen sie noch immer in der Pflicht.


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